| 26. Juli 2007 |
naTo e.V. sucht neuen
Betreiber für die „Löffelfamilie“
Der naTo e.V. – seit dem 9. September
1999 Eigentümer des Kulturdenkmals „Löffelfamilie“ in der
Karl-Liebknecht-Straße – sieht sich nicht mehr in der Lage, diese
Leuchtstoffwerbeeinrichtung denkmalgerecht zu erhalten und zu betreiben.
1996 haben sich die damaligen Protagonisten Moritzbastei, Mobiles Büro
für Erdangelegenheiten, Kunstkaufhaus, Honky Tonk, Paul Fröhlich und die
naTo mit der Gründung der IG Löffelfamilie der seit der Auflösung des VEB
Feinkost zunehmend verfallenen und fast vergessenen Löffelfamilie
angenommen. Die "Löffeltage" im November 1997 waren der Auftakt
zu einer einzigartigen Rettungsaktion. Mit zahlreichen
Benefizveranstaltungen (Ausstellungen, Performances, Auktionen), unzähligen
Spenden vom ein- bis fünfstelligen DM-Bereich und einer Förderung des
Regierungspräsidiums Leipzig standen zu guter Letzt 108.000 DM zur
Verfügung – ein unglaublicher Erfolg!
Die Schwierigkeiten, die sich aus den Eigentumsverhältnissen ergaben,
konnten mit Unterstützung der TLG und der Montan WG aus dem Weg geräumt
werden. Die naTo erwarb 1999 das Denkmal zum symbolischen Preis von einer
Deutschen Mark, damit die Sanierung durchgeführt werden konnte.
Leider erweisen sich die laufenden Betriebskosten und die immer wieder
anfallenden Reparaturarbeiten als zu kostspielig für unseren Verein.
Schon im Dezember 2001 waren erstmals alle "Löffelgroschen"
aufgebraucht. Immer wieder sprangen Leipziger Unternehmen ein und hielten
die Leuchtstoffwerbung durch Spenden am Leben. Doch auch dieser Strom
versiegte. Seit Juni 2005 haben wir keine Einnahmen für den Erhalt des
Denkmals mehr verzeichnen können und im Oktober 2006 waren dann alle
Reserven aufgebraucht.
Seitdem leuchtet die Löffelfamilie ausschließlich auf Kosten des naTo
e.V. Zusammen mit dem organisatorischen Aufwand, den uns die Betreibung
abverlangt, ist dies eine nicht mehr tragbare Bürde geworden. Darüber
hinaus müssen wir den beginnenden Verfall des Denkmals konstatieren und
fürchten nun den endgültigen Verlust dieses identitätsstiftenden
Wahrzeichens für Leipzig.
Aufgrund der geschilderten prekären Situation suchen wir ab sofort einen
Nachfolger, der willens und in der Lage ist, die Löffelfamilie an ihrem
angestammten Ort als Kulturdenkmal zu erhalten und zu betreiben. Bis zum
Jahresende wollen wir die Löffelfamilie für den symbolischen Kaufpreis
von 1 EUR abgeben.
Interessenten können sich in schriftlicher Form bei folgender Postadresse
um den Erwerb der Löffelfamilie bewerben:
naTo e.V.
Karl-Liebknecht-Str. 48
04275 Leipzig
z.Hd. Falk Elstermann
Aus unserer Sicht gibt es Personen und Einrichtungen in Leipzig, die sich
in besonderer Weise für dieses Engagement eignen: Die Kunst- und
Gewerbegenossenschaft Feinkost e.G. als der zukünftige Betreiber des
Feinkostgeländes, die Grafiker Jürgen Mau und Theo Hesselbarth – bzw.
deren Rechtsnachfolger – als die Schöpfer der Pläne der Leuchtwerbung und
die Neontechnik Leipzig GmbH als der Erbauer im Jahr 1973 und Restaurator
im Jahr 1999. Deshalb wollen wir diese drei Parteien im Rahmen der
Verkaufsverhandlungen mit anderen Interessenten bis zum 31. August 2007
bevorzugt behandeln.
Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bei allen 126
Privatspendern und Unternehmen bedanken, die durch Ihre finanziellen
Beiträge die Reanimation der Löffelfamilie überhaupt erst möglich gemacht
haben. Seit den ersten Löffeltagen im November 1997 bis zum Juni 2005
sind insgesamt 75.000 EUR zusammengekommen. Wir danken dem
Regierungspräsidium Leipzig, dem Referat Denkmalpflege der Stadt Leipzig
und der TLG für Ihre Unterstützung bei der Umsetzung dieses
außergewöhnlichen Vorhabens. Wir danken insbesondere den Mitstreitern der
ersten Stunde für Ihren Enthusiasmus und die tätige Hilfe.
Danke
| 28. September 2007 |
Presseerklärung
zur Gründung des Löffelfamilie e.V.
Am 28. September 2007 fand die
Gründungsversammlung zur Schaffung des Vereins Löffelfamilie statt. Als
Gründungsmitglieder trafen sich Leipziger Bürger und Unternehmen, denen
die Löffelfamilie besonders am Herzen liegt, die Neontechnik Leipzig, die
Kunst- und Gewerbegenossenschaft Feinkost eG, der naTo e.V., Herr Dr. Uwe
Teichert, die Firma Gerüstbau Hülsenbeck, die Arbeitsbühnen Koch GmbH,
Frau Uta Koch sowie die Kanzlei HKL und Rechtsanwalt Alexander Hohnert.
Damit haben sich Leipziger Bürger zusammengefunden, um die Löffelfamilie
dauerhaft zu erhalten und zu betreiben. In den Vorstand wählte die
Gründungsversammlung Rechtsanwalt Alexander Hohnert, Dr. Uwe Teichert,
die Kunst- und Gewerbegenossenschaft Feinkost eG sowie die Kanzlei HKL
als Schatzmeister. Die Vorstände nehmen in der nächsten Woche die
Verhandlungen zum Erwerb des Denkmals auf.
Damit wird der Blick nach vorn gerichtet und dem gesamten Areal eine
Perspektive verliehen, die allen Anliegern am Standort und den Leipzigern
zugute kommt. Angenehmer Nebeneffekt: Die naTo kann sich nun wieder auf
ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren, die Feinkostgenossenschaft hat
den Rücken frei zur Betreibung des Geländes und der neue Verein lässt die
Löffelfamilie leuchten.
Familien-Chronik
Bei genauerer Betrachtung ruft die aufwendige Neonreklame an ihrem
Standort Verwunderung hervor, denn die eigentliche Funktion von Werbung
erübrigte sich im staatsmonopolistischen System der damaligen DDR. Gekauft
wurde schließlich, was gerade im spärlichen Angebot stand. Doch
DDR-Reklamen sollten nicht zum Kauf anregen, sondern die Leistungen der
sozialistischen Produktion vor Augen führen; sie besaßen im besten Fall
eine rein ästhetische Funktion.
Der Legende nach soll der ehemalige
jugoslawische Staatschef Tito bei einem Treffen mit Honecker die triste
Farbgestaltung der DDR angeprangert haben. Der SED-Obmann nahm sich dies
zu Herzen und es ward die Parteiinitiative "Leipzig - Stadt des
Wassers und des Lichts", die dem allgegenwärtigen Grau mit Farbe
begegnen sollte. Im Rahmen dieser Kampagne kam es auch zum Auftrag an die
beiden Grafiker Theo Hesselbarth und Jürgen Mau, eine Leuchtreklame für
den in der Karl-Liebknecht-Straße ansässigen VEB Feinkost zu entwerfen.
660 Mark, abzüglich 20% Künstlersteuer, brachte der Entwurf ein, dem als
Vorlage der "Go-West-Cowboy" in Las Vegas und das Portrait
einer Familie aus dem Freundeskreis dienten. Die praktische Umsetzung
wurde 1973 von einer PGH, der heutigen Neontechnik Elektroanlagen Leipzig
GmbH (NEL) ausgeführt. Bald schon hatte die leuchtende
"Löffelfamilie" Kultstatus inne.
Nach Schließung des Werks gingen auch
die Lichter der Löffelfamilie 1991 endgültig aus.
Die Leuchtreklame verfiel zunehmend und geriet mehr und mehr in
Vergessenheit, obwohl sie 1993 vom Land Sachsen zum Kulturdenkmal erklärt
wurde. In dieser Zeit entstand zwischen Paul Fröhlich (damals Kulturamt
der Stadt Leipzig), Falk Elstermann (naTo) und Sheila Reimann (Mobiles
Büro für Erdangelegenheiten) die Idee, die Löffelfamilie mittels einer
Bürgerinitiative vor dem Verfall zu bewahren und für die Nachwelt zu
erhalten. 1996 wurde dann die IG Löffelfamilie gegründet und der
Studentenclub Moritzbastei, Dominik Brähler vom Kneipenfestival
Honky-Tonk und Gerda Viecenz vom Kunstkaufhaus kamen hinzu. Das Schicksal
der Löffelfamilie war fortan eine Leipziger Herzensangelegenheit.
Die "Löffeltage" im
November 1996 waren der Auftakt zu einer einzigartigen Rettungsaktion.
Nach der großzügigen Spende von Dr. Arend Oetker in Höhe von 20.000 DM
konnten 105 weitere Spenden in unterschiedlicher Höhe auf dem
"Löffelkonto" verbucht werden. Mit zahlreichen
Benefizveranstaltungen (Ausstellungen, Performances, Auktionen), den
Abgaben der Honky-Tonk-Veranstalter, den Einnahmen aus der Löffelfaktion
und den 45.000 DM vom Regierungspräsidium standen zu guter Letzt 108.000
DM zur Verfügung, um die Sanierung durchzuführen - ein unglaublicher
Erfolg! Die Schwierigkeiten, die sich aus den Eigentumsverhältnissen
ergaben, konnten mit Unterstützung der TLG und der Montan WG aus dem Weg
geräumt werden und die naTo erwarb 1999 das Denkmal zum symbolischen
Preis von einer Deutschen Mark, damit die Sanierung beginnen konnte.
Ausführendes Unternehmen war die NEL,
deren Vorgängerfirma schon 1973 die Neonreklame gebaut hatte.
Schwierigkeiten gab es bei der Sanierung, da die ursprünglich verwendeten
Leuchtstoffe nicht mehr zugelassen waren. Die Lichtfarben mussten
folglich nachempfunden werden - was nicht nur durch das Zugreifen auf die
alten Unterlagen gelang, sondern auch durch das Erinnerungsvermögen des
NEL-Mitarbeiters Herrn Hilpert, der schon beim Bau - damals als Lehrling
- mitgearbeitet hatte.
Doch die Sanierung der Löffelfamilie
stieß nicht nur auf Gegenliebe. Kurz nach Beendigung der Arbeiten und
unmittelbar vor der "Wiedereinschaltung", die mit einer großen
Party begangen werden sollte, bewarfen Unbekannte das Wahrzeichen mit
Steinen und Farbbeuteln.
"Das autonome Leuchtkommando" , wie sich die Randalierer später
in einem Bekennerschreiben nannten, wollte "den dämlichen
Szene-Yuppies den Spaß verderben". Entstanden war ein enormer
Schaden und als NEL es geschafft hatte, ihn zu beheben, hatte die
Eröffnungsfeier bereits begonnen. Man hatte den 29.12.1999 zum Tag der
Wiedereinschaltung gewählt und Paul Fröhlich, der die Festivität
moderierte, vollbrachte die Meisterleistung, die erwartungsvollen
Besucher bei Laune zu halten. Bratwurst und Glühwein, ein Verkehrsunfall
und das Beobachten der Reparaturarbeiten verkürzten die Zeit bis zum
Beginn der Show. Die naTo zelebrierte die Wiedereinschaltung mit einem
Konzert der Spacehobos, einem Feuerwerk und einer Löffelshow. Das Mobile
Büro für Erdangelegenheiten löffelte in einer Performance die selbst
eingebrockte Suppe mit den Gästen aus, während etliche Kameras auf das
Treiben rund um die lang ersehnte Einschaltung des alten und neuen
Wahrzeichens der Karl-Liebknecht-Straße gerichtet waren.
Leider erwiesen sich die laufenden
Stromkosten und die immer wieder anfallenden Reparaturarbeiten aufgrund
erneuter Beschädigungen als zu kostspielig für die naTo. Im Dezember 2001
waren alle "Löffelgroschen" aufgebraucht. Hilfreich zur Seite
sprang den Betreibern "Oldie FM" (heute R.SA) mit einer Spende
von 10.000 DM. Damit konnte die Anlage repariert und ein weiteres Jahr
"gelöffelt" werden. Doch schon Ende 2002 war die naTo
gezwungen, erneut um Hilfe zu bitten. Der Ruf verhallte nicht ungehört
und bereits zum Neujahrsempfang der naTo 2003 brachten gleich mehrere
Unternehmen konkrete Hilfe mit. NEL sagte die 3.000 Euro teure Reparatur
der Anlage auf eigene Kosten zu, die Stadtwerke Leipzig brachten ihr
Bestpreis-Angebot ins Spiel und zusätzliche 2.000 Euro für anfallende
Stromkosten. Der Kreuzer startete eine Anzeigenkampagne und die
Webagentur zimmer206 erstellte diese Web-Site, um weiteren Sponsoren
einen Anreiz zu bieten.
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